Künstlerische Arbeiten
im Bereich der Erotik / Aktfotografie und mit Polaroidmaterial.
Das sagt Sabine Klement über meine Arbeiten:
the unknown artist – unter diesem Pseudonym publiziert Michael Haas seine künstlerisch freien Fotoarbeiten auf manipuliertem Sofortbild-Filmmaterial. Aus seiner langjährigen Tätigkeit als Werbefotograf heraus ist Polaroid-Fotografie für ihn keine nostalgische Reminiszenz oder Retro-Ästhetik, sondern bewährtes, professionelles Werkzeug zur Prüfung von Aufnahmesituationen in der Produktfotografie.
Wertschätzung für Haptik und Objektqualität dieses Arbeitsmittels veranlasste Michael Haas zur systematischen Auseinandersetzung mit und Erforschung der Ausdruckmöglichkeiten von Sofortbildfotografie. Dabei überschritt er schnell die Grenzen der Möglichkeiten reiner Ablichtung und entwickelte – nicht zuletzt dank seiner Kenntnisse und Erfahrungen aus der analogen Fotopraxis – einen mehrstufigen, photochemischen wie auch physikalischen, oft experimentellen Prozess, der das Ausgangsmaterial bis hin zur vollständigen Auflösung des Bildes verändert. Es geht ihm dabei nicht zuletzt um Abkehr von einer die Sujets bis ins kleinste Detail kontrollierenden und optimierenden Arbeitsweise. Er sucht die Rückbindung an eine für Zufälle und Entdeckungen offene, sinnlichere Fotokunst, die Unikate schafft und im Verständnis von Werkstoffen und Techniken an Malerwerkstätten der Renaissance erinnert. Denn ein Sofortbild ist – im Unterschied zu den Bildern der aktuell dominierenden, digitalen Fototechnik – physisch und einmalig, genau wie Michael Haas bevorzugte Sujets: die Körper von Frauen.
Beim ersten Betrachten lassen sich die Motive seiner Fotografien oft nicht eindeutig ausmachen – chemische Verfremdungen und Übermalungen durch Eiweißlasurfarben, Bildausschnitte und -Unterteilungen einer Aufnahme in mehrere Polaroids, eine ins Surreale spielende Betonung von Kontrasten und Konturen, hochglänzende Fotooberflächen in denen sich Lichtreflexe spiegeln oder experimentelles Neuarrangieren von Materialschichten – Michael Haas Fotos sind ‚juicy‘, sie bieten ein fast plakatives Überangebot an visuellen und haptischen Reizen. Diese Optik erregt Aufmerksamkeit und Interesse, dient jedoch nicht notwendigerweise dem unmittelbaren Gefallen.
Was aber sieht das Auge durch sie genau – und umgekehrt: was genau nicht?
Die motivische Verunklarung als Verführung zum genauen Hinsehen ist ein bewährter psychologischer Kniff in der Bildenden Kunst, der umso besser funktioniert, je kleiner ein Bild ist. (Die Web-Darstellung zeigt, je größer ein Monitor ist, auf den ersten Blick mehr als das Original und gibt diesen Effekt daher unzureichend wieder.) Das gängigste Polaroid-Format beträgt 10x8cm – um besser erkennen zu können, nähert ein Betrachter/eine Betrachterin sich intuitiv dem Bild an und taucht unversehens ein in eine intime Situation. Eher unbeabsichtigt gerät man also in die Position des Voyeurs/ der Voyeurin, der/die auf einer Vielzahl der Fotografien Teilansichten von Frauenkörpern, unbekleidet oder in sexuell konnotierten Posen, entdeckt. Kleidungsstücke wirken als Chiffren für sexuelles Begehren, Accessoires als erotische Fetische, es gibt Anklänge an Bondage und SM. Mit dem Erkennen einher geht das Gefühl, ein Geheimnis erfahren oder eine Grenze übertreten zu haben: die Rahmen der Sofortbilder verstärken den Eindruck, durch ein Fenster in einen privaten Raum zu sehen. Ertappt man den Fotografen und das Modell oder wird man vom Fotografen ertappt? Geht es um Erkenntnis oder um Selbsterkenntnis? Die zugespitzten und provozierenden Aspekte der Motive gilt es zu goutieren oder zu verarbeiten.
Auf die manipulierten Polaroids geht eine Serie großformatiger Fotodrucke zurück, die die Guckkasten-Perspektive aufgibt zu Gunsten einer distanzierteren, repräsentativen Inszenierung. Die höhere Flächigkeit bewirkt andere Arten der Bildverfremdung. Sie betont die grafischen Linien der meist angeschnittenen Körperformen; hohe Kontraste und intensive Farben wirken nun nicht nur kühler, sondern auch härter im Sinne einer direkteren, ins Pornographische gehenden Bildsprache.
Menschen sind sexuelle Wesen – die Suche nach Lust, erotische Fantasien und Faszination durch das begehrte Geschlecht sind Handlungsantrieb und Energiequelle zugleich. Michael Haas spricht mit seinen Motiven also eine universelle Eigenschaft an, die Menschen mit jeweils individuellen Vorlieben in sich tragen, mehr noch: er verleiht diesen Zügen unverstellt Ausdruck. Dabei vereint die Serie der manipulierten Polaroids in sich maximale Ästhetisierung mit bedingungsloser Offenheit in der Enthüllung persönlicher Obsession. So hochgradig stilisiert manche Motive sind – sie transportieren die Haltung des Fotografen ganz klar und selbstverständlich. Zwar kann man Fragen nach Tabubrüchen und Geschmacksgrenzen stellen, aber sie stehen nicht als Affront zwischen den Werken und ihren Betrachterinnen und Betrachtern. Michael Haas sagt: „Diese Bilder sind alle liebevoll.“ Tatsächlich leben seine Fotos vom Ausdruck authentischer Zugewandtheit zu den überwiegend, aber nicht ausschließlich weiblichen Modellen. Die Freiheit, die erotischen und sexuellen Aspekte des Lebens zu lieben und abzubilden oder anzusehen, was uns fasziniert und erregt: er nimmt sie sich und gibt sie per Sofortbild wie ein Licht an die Liebhaberinnen und Liebhaber seiner Fotos weiter.
Sabine Klement
Kunstvermittlerin und Agentin